Im lauten Madurai, in dem es von Schleppern, die einen in ihre Geschaefte oder Hotels oder Taxis locken wollen, nur so wimmelt, nahmen wir also frueh morgens den Bus nach Kodaikanal, eine kleine Stadt mit 30.000 Einwohnern, 2000 Meter hoch in den oestlichsten Auslaufern der Westghats.
Nach zwei Wochen in Indien hatten wir uns an die wackeligen Busfahrten voller Huperei, abrupter Bremsmanoever, scharfer Kurven, wild ueberholender LKWs und Kuehe schon gewoehnt. Aber Indien hat mehr zu bieten. Denn in Indien gibt es alles dies nicht nur auf dem Flachland, sondern auch auf schmalen Pisten, die 2000 Meter hoch in die Westghats fuehren. Die Strasse so breit, dass knapp zwei Busse nebeneinander passen, rechts Felsen, links ein halber Meter Schotterpiste, dann ein Maeuerchen von 30 cm Hoehe, dahinter der Abgrund ins Tal hinunter. Kein Felsvorsprung, kein Baum, der einen Sturz ernsthaft bremsen koennte. Wahnsinnige Aussicht. Man koennte die Fahrt geniessen, wuerde nicht gerade mitten in einer unueberschaubaren Kurve im Gegenverkehr ein Kleinlaster einen Bus ueberholen, so dass die Strasse komplett blockiert ist, und nur scharfes Bremsen aller Parteien das Unglueck vermeiden koennte.
Wir habens ueberlebt. Bei der Ankunft in der Stadt: Kaelte. Inder in Daunenjacke, mit Ohrenschoenern in pinkem Camouflage und Wollmuetze darueber. Ueberall Nebel. Wir checken in das Greenlands Youth Hostel ein, nehmen zaehneknirschend ein Zimmer fuer 800 Rs (immerhin 12 Euro). Es soll eine schoene Aussicht geben, wir sehen nur 3 Meter weit, dahinter dichter Nebel. Nach kurzer Zeit dann die Enthuellung, der Nebel lichtet sich, wir sind sprachlos. Das Gefuehl, aus der Zimmertuer zu gehen, und man sieht 2000 Meter hinab ins Tal, sieht kleine Doerfer in den nebelverhangenen Huegeln, einen See, 30 km entfernt, links und rechts in der Ferne noch mehr Berge -- es laesst sich nicht beschreiben.
Dazu skurrile Zimmernachbarn. Ein junger Inder aus Delhi begruesst uns mit der Frage: "Do you have a chillum?"... "No"... "Wanna smoke?"... "What is it?"... "Blessings from India". Die Augen und das sonstige Gebaren des jungen Herrn betrachtend lehnten wir dankend ab. Die zwei Tage, die wir in diesem Hostel gewohnt haben, hat er von morgens bis nachts durchgekifft. Local weed. Ab und an gesellte er sich zu uns und begann von Spiritualitaet und Energie zu reden, erzaehlte ueber Chakras und dass er, nach Hinduismus, Buddhismus und Christentum gerade am vorbelasteten 11. September den Islam aufgesaugt hat. Er sagte, man muesse klar sehen. In die Zukunft, die Vergangenheit ist egal. Es gebe nur Loesungen, keine Probleme. Ab und zu lacht oder grinst er ohne Grund. Er hat sekundenlange Aussetzer, zappelt durchgehend mit dem rechten Bein.
Dann die anderen Nachbarn. Zwei Herren die sich innerhalb kuerzester Zeit mit einer Flasche Hochprozentigem ins Delirium saufen. Auf die Aussage des Kiffers, es gebe keine Probleme, sagt einer der beiden: "Doch doch, ich habe genau ein Problem. Ich verdiene gutes Geld, bin gesund, etc., aber: ich habe keine Frau." Das wiederholte er so oft, dass wir es dann auch wirklich alle irgendwann begriffen. Der andere, nur unwesentlich weniger betrunken und herumtorkelnd, mahnte den Kiffer dazu, doch aufzuhoeren mit dem Kiffen -- es macht das Gehirn doch so sehr kaputt. Ein bekiffter und zwei betrunkene Inder, die uebers Leben philosophieren, dazu wir beide, mit einer Flasche Bier pro Nase, von der uns beiden jeweils die Haelfte durch das explosive Oeffnen verschuett gegangen ist (zur Freude der Nachbarn) eher zurueckhaltend. Aber gut amuesiert.
Jetzt ist der Post schon so lang, der Rest also in Kurzfassung. Tibetanisch essen gegangen. Spaziergang durch die Stadt, ueber den Markt, am kleinen See entlang. Am naechsten Tag Sonnenaufgang vor unserer Zimmertuer angeguckt, weitergeschlafen, dann zur Dolphins Nose, einem Felsvorsprung, der in keinem Reisefuehrer verzeichnet war, und auf den wir nur durch Kniffels Geocaching-Fanatismus gekommen sind (da soll naemlich einer liegen, den wir aber nicht gefunden haben). Grandiose Aussicht, Angstschweiss beim Posieren fuer Fotos. Essen, fernsehen, schlafen. Wanderung vorbei an den Fairy Falls (die wir nicht gesehen haben), der Green Valley View (nichts zu sehen, weil Nebel) bis hin zu den Pillar Rocks (auch nichts zu sehen, weil Nebel) und zurueck nach Kodaikanal. Bus nach Palani, 3 Stunden Fahrt in den Norden, die Berge wieder runter. Mehr Angstschweiss. Frei heraumlaufende Elefanten in der Ferne auf einer Lichtung des Palmenhains gesehen. In Palani herumspaziert, wir sind wieder die Attraktion, es gibt hier wohl nicht viele Fremde. Viele Haende geschuettelt, um Fotos gebeten worden. Jetzt Internet. Gleich gehts mit dem Nachtbus nach Kochi und von da, wenn alles klappt, direkt weiter nach Varkala.